Ein toller Bericht den Eckhard Bröckmann aus Gießen geschrieben hat. 

Eckhard hat meine Webseite im Internet gefunden und mich angerufen weil er im Ahrtal spenden wollte . Ich habe ihn dann an die AHRche vermittelt, wo er eine sehr großzügige Spende übergeben hat .

 

Vielen Dank an dieser Stelle lieber Eckhard. 

 

 

Ab hier Text von Eckhard: 

 

 

 

Ein Besuch im Ahrtal

 

Das Ahrtal, das vom Tourismus und dem Weinanbau lebt, ist wunderbar gelegen – eingebettet von steilen Weinbergen. Diese Idylle ist für lange Zeit verschwunden. Eine weggerissene Brücke und viel Geröll entlang der Ahr waren unser erster Eindruck, als wir in Ahrweiler ankamen.

 

Meine handwerklichen Fähigkeiten sind begrenzt und ich verfüge nicht über die Kraft eines Arbeiters. Zudem wolle ich nicht als Katastrophentourist ins Ahrtal
reisen. Ich bin also in dem größten Katastrophengebiet Deutschlands fehl am Platze.

 

 

Dennoch hatte ich guten Grund, diese zerstörte Gegend zu
besuchen:

Ich brachte eine größere Spende mit und wollte wissen, wohin ich das
Geld bringe und wer die Personen sind, die meine Spende an Menschen
verteilen, die unverschuldet in große Not geraten sind.

 

Ich verabredete mich mit Felix, einem IT-Fachmann aus Bayern, der mich in Feuerwehrkluft begrüßte und häufig im Ahrtal handwerkliche Aufbauhilfe leistet.

 

Die Straßen sind wieder befahrbar. Die zerknickten Autos und der Schutt in den
Straßen sind weggeräumt. Zusammen mit Felix und Ben von „Die AHRche
e.V., Verein für Katastrophenhilfe und Wiederaufbau e.V.“ durchstreiften meine
Frau und ich die zerstörte Gegend und erfuhren Details über die Tragödie im
Juli 2021 und der Folgezeit.

 

Die Bewohner der zerstörten Häuser schaufelten nach der Hochwasser-Flut den
Schlamm aus Keller und Parterre und luden die zerstörte Einrichtung auf der

Straße ab. Bauern fuhren mit ihren Treckern mit Anhängern und LKWs mit
Räumfahrzeugen über die Autobahn ins Katastrophengebiet und brachten den
Schrott zu selbst erkundeten freien Flächen ohne besondere behördliche Genehmigung. Die Mahnung der Stadt nach Mülltrennung wurde nicht gehört.
Noch heute wird eine Müllmenge auf weit entfernte Müllkippen transportiert, die der Ansammlung von 35 Jahren entspricht

 

 

Wasser und Schlamm waren hochgradig biologisch-chemisch kontaminiert.

Es floss Wasser, versetzt mit Heizöl und unbekannten Chemikalien aus Garagen und Kellern in die Ahr.
Kleinste Verletzungen mussten unmittelbar mit irgendeinem zur Verfügung stehenden Desinfektionsmittel behandelt werden.

Dabei spielte es keine Rolle, ob das Desinfektionsmittel schmerzt oder nicht. Es blieb nicht aus, dass Blutvergiftungen auftraten und einige Amputationen vorgenommen werden mussten.
Manche Menschen trieb diese Tragödie in den Suizid.

 

Die Parterren und Keller aller Häuser entlang der Ahr sind unbewohnbar. Der
Putz musste von den Wänden geschlagen werden. Wände, in die Heizöl
eingedrungen war, sind verloren.

Informationen an den Haustüren für Feuerwehr und THW

 

 

Man sieht den Häusern an, wie hoch die Flut war. Da überrascht es nicht, dass 40 Brücken einfach eingeknickt wurden und sich irgendwo als Trümmer in der Ahr wiederfanden. Den THW gelang der Aufbau einiger provisorischen Brücken, womit den Bewohnern der 47 km lange Umweg zum
Einkaufen im Stadtteil am anderen Ufer erspart wird
.

Die Mitarbeiter von THW, Feuerwehr und Bundeswehr taten das, was sie in offizieller Dienstausübung durften.


Einige kehrten in der Freizeit zurück und taten dann das, was sie offiziell nicht durften.

Frei von irgendwelchen gesetzlichen Auflagen agierten die sehr vielen Helfer, die aus ganz Deutschland kamen und mit Shuttle-Bussen in das Katastrophengebiet gefahren wurden.

 

Nach meinem Eindruck setzte sofort eine große solidarische Hilfsaktion zwischen Bewohnern und fremden Menschen ein,
die viel mehr leisten konnte als die behördliche Katastrophenhilfe.

Das erforderte eine besondere Organisation, die von zwei Einwohnern in Ahrweiler geleistet wurde. Das Besondere daran: Diese Organisation hat funktioniert.

So wurden diese beiden Fachleute der ersten Stunde von der Bundesregierung eingeladen, um zu berichten, wie sie diese Katastrophenhilfe in einem so
extremen Fall gemanagt haben.

Zwei Berufsgruppen fielen besonders auf: Die Elektriker, die das Netz vor häufigen Zusammenbrüchen bewahrten, was wegen der vielen angeschlossenen
Gebäudetrockner und elektrischen Heizungen unvermeidlich ist. Die Klimatechniker sind auf Kühlanlagen fokussiert, aber sie wussten auch, wie 

man effektiv mit Strom heizen kann und wo Einraumheizungen in großer Zahl zu beschaffen sind.

 

Die Strom- und Mobilfunkversorgung konnte rasch wiederhergestellt werden. Somit hatten Bewohner die Möglichkeit ein Zeichen des Überlebens an Angehörige zu senden. Es gab aber auch Bewohner, die von den einbrechenden Wassermassen daran gehindert wurden, das Haus lebend zu verlassen. Im größten Chaos machten sich Plünderer ans Werk, die Brauchbares stahlen und Kupferleitungen aus den Wänden rissen.

 

Auf einem Campingplatz wurden Baracken und Zelte aufgestellt. Darin befinden sich Küchen, Essräume, Waschmaschinen und Werkzeuglager. Ein Teil des
Campingplatzes dient als Abstellplatz für Wohnwagen für die auswärtigen Helfer. Dieses Zeltdorf ist Lebensmittelpunkt für gemeinsame Mahlzeiten und
Tätigkeiten des Alltags geworden für Menschen, deren Wohnungen zerstört sind

 

 

Felix, Eckhard und Petra auf dem Zeltdorf

 

In dem Zeltdorf gibt es sogar einen Schmied, der normalerweise auf
Mittelaltermärkten auftritt aber sich hier auf handwerkliche Spezialaufträge eingerichtet hat.

An vielen Stellen findet man Danksagungen an die vielen Helfer aus ganz Deutschland und die schnell einsetzende Spendenbereitschaft.

 

Nach den Erfahrungen der Flutkatastrophe sind kleine Gebiete für Bebauungen gesperrt. Vielen Menschen bleibt aber nichts anders übrig, als ihre Häuser an
gleicher Stelle wieder aufzubauen, weil sie sich keine neuen Grundstücke an andere Stelle leisten können. Es sind Ausgleichsflächen für Überschwemmungen bei Hochwasser geplant, wobei es Konflikte mit bestehenden Naturschutzgebieten gibt.


Während der Besichtigung des Gebietes mit der zerstörten Infrastruktur kam ich mir doch als Katastrophentourist vor, weil meine Frau und ich viele Fotos
aufnahmen. Doch Ben vom Verein „Die AHRche e.V.“ eiferte zu uns: „Macht viele Fotos und schreibt was das Zeug hält, damit die Leute sehen, was hier los
ist“.

 

Somit schreibe ich von dieser Reise, wobei ich damit auch die Eindrücke verarbeite. Eine solche Reise in ein Katastrophengebiet hatte ich noch nie
unternommen.

 

 

Wir fuhren über eine einst viel befahrene und heute gesperrte Bundesstraße weiter nach Dernau. „Fahrt einfach durch!“ sagte man uns. Unterwegs sahen wir das Geröll am Flussufer, zerstörte Tankstellen und Restaurants, die kaum noch als Restaurants zu erkennen sind. Es werden neue Gasleitungen in der Erde verlegt und aus einem touristischen Ort ist eine Großbaustelle geworden.

 

Das Ahrtal zeigt nicht nur die gewaltige Zerstörung von Siedlungen und Landschaft, sondern auch die perfekte Organisationsfähigkeit beim Wiederaufbau und menschliche Hilfsbereitschaft und Solidarität.

 

Die Spuren dieser Katastrophe wird man noch lange sehen. Dennoch haben die meisten Menschen viel Mut und die Zuversicht, irgendwann wieder in ihr
normales Leben zurückkehren zu können.

 

Da aber der Tourismus und die Weinproduktion erst einmal ausgehebelt sind,
haben die Menschen dort auch kein Einkommen und sind auf Spenden
angewiesen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Natur wird sich schnell erholen und die Landschaft wird sehr schnell wieder grün werden.

 

Doch grüne Landschaft ist nicht genug für Menschen. Sie benötigen eine Infrastruktur, die nie so stabil gebaut sein kann, dass sie allen
Naturgewalten trotzen kann.

 

Wir kennen den Antrieb dieser Naturgewalten und wissen, dass sie sich häufen werden. Einige der Fotos wurden von „Die AHRche e.V.“ zur Verfügung gestellt. Wir
danken für die freundliche Aufnahme, die Führung von Felix und Ben durch das zerstörte Gebiet und das schmackhafte Mittagessen im großen Zelt auf dem
Campingplatz. 


Eckhard Bröckmann

 

www.die-AHRche.de

 

Vor und nach der Flut 2021: Die Ahr-Rotweinstraße von Altenahr nach Dernau:
https://www.youtube.com/watch?v=iGVhf0obxd8